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Forgotten Gems #2: „Castlevania“ und unbekannte Systeme

Nachdem wir uns letztens mal in die Welt der JRPGs begeben haben möchte ich heute einen Blick auf mehr action-fokussierte Titel legen. Castlevania und Castlevania-Klone auf Systemen, von denen hier im Westen niemand etwas weiß.

Ja, da draußen in der Welt gibt es eine Menge Spiele und sogar gesamte SYSTEME, die den meistern Gamern einfach… nicht bekannt sind. Und das ist auch kein Wunder. Das Internet – und dadurch die Welt – spricht englisch. Amerikanisch, um es genau zu sagen. Und so wissen wir alle sehr schnell einfach mehr über NTSC-only-Releases, wie Super Mario RPG, als z.B. über Deutschland-exklusive Klassiker, wie Dschungel Boy auf dem Atari 2600… ein Pitfall-Klon produziert vom Quelle-Katalog. Japp… DEM Quelle-Katalog. Sachen gibts…

Aber sei nun dieses Unwissen, weil Spiele oder gar ganze Systeme vorwiegend in anderen Ländern erschienen sind, oder weil sie sich vielleicht nicht ganz so massenhaft verkauft haben, wie ein guter alter Nintendo, ein Blast-Processing-Sega oder eine Wobbel-3D-Playstation. Und ja, manch so ein System mag heutzutage hier und da nur noch eine Fußnote in der (westlichen) Geschichte sein, aber hier und da gibt es immer wieder interessante Titel und Systeme, die eigentlich mehr verdienen, als diese eine kleine Fußnote. Mit diesem Artikel möchte ich euch darum zwei dieser besonderen Spiele vorstellen, die vor allem Fans der alten CASTLEVANIA-Teile interessieren sollten. Ein Klassiker, den hierzulande wohl niemand kennt… und einer, den man zwar kennt, aber in dieser Form wohl noch nie erlebt hat. Und ja, gegenüber diesen Systemen ist sogar der Neo Geo Pocket hierzulande eine Berühmtheit.

RUSTY – auf dem PC-98
NEC war in Japan ein Riese im Konsolenmarkt. Seine PC-Engine, im Westen als Turbografx-16 bekannt und dank seiner hervorragenden Mini-Variante dem Average Joe nun zumindest ETWAS geläufiger, mag hierzulande noch immer nur wenigen wirklich bekannt sein, konnte in Japan selbst aber selbst den Famicom für kurze Zeit hinter sich lassen. Aber NEC hatte seine Finger nicht nur im Konsolenmarkt, sondern auch im PC-Markt, bevor Windows und Apple zu den praktisch einzigen Vertretern weltweit wurden. Der PC-98 ist heutzutage im Westen trotz seines Erfolges und dem Start einer extrem bekannten Serie kaum hierzulande bekannt (Kennt jemand von euch noch TOUHOU? Die Bullet Hell Shooter? Diese Spiele starteten auf diesem System!). Tatsächlich ist er so unbekannt, dass man selbst auf EBAY sie nur sehr selten sieht! Auch Roms sind nicht unbedingt sehr einfach zu finden, geschweige denn Originalspiele! Aber das ist kein Wunder… immerhin bestand 99% der Titel dieses, für Indie-Devs damals sehr interessantem System, aus japanischen Visual Noveln. Immerhin war er bekannt für damals gigantische Auflösung und die Menge an TEXT, die er darstellen konnte. Da boten sich Visual Novel natürlich an. Und damit auch… Hentai. Aber das ignorieren wir hier mal ganz dezent. Übersetzt ist davon eh nicht wirklich irgendetwas. Wobei manch ein Cyberpunk-Abenteuer noch heute gerne als beeindruckendes Pixelart in Google-Suchen auftaucht…

Jedenfalls ist das System für den Westen nahezu gänzlich uninteressant und seine größeren Serien, wie die mehrteilige Farland Story-SRPG-Serie einfach einem Nicht-Japanisch-Könner ein Buch mit sieben Siegeln. Fan-Übersetzungen gibt es nur von einer Hand voll Titeln. Und zu diesen gehört glücklicherweise… auch RUSTY.

An Haken schwingen, wie Simon Belmont, kann auch eine Rusty problemlos!

RUSTY ist ein Castlevania-Clone mit weiblicher, zugegeben etwas knapp bekleideter, Besetzung und grafisch gut vergleichbar mit Super Castlevania auf dem SNES… gemixt mit etwas Erotik. Ja, wer Pixelart-Brüste nicht mag, für den ist dieses Spiel nicht, auch wenn sich diesr Aspekt gegenüber anderen Titeln auf dem System hier doch noch sehr zurückhält. Dafür erwarten den Spieler in RUSTY ein superschweres Castlevania-Abenteuer mit all den Dingen, die man in einem solchen Spiel eben erwartet. Es ist ein Klon, mit guter Grafik, typisch steifer Oldschool-Castlevania-Steuerung, einem guten Soundtrack und hübschen Zwischensequenzen.

Ein Eilschritt durch einen bereits durchgekämpften Abschnitt.

Und Rusty kann sogar rennen, womit sie gegen Simon Belmont an einem Punkt sogar gewinnt. Auch die Levelstruktur ist etwas offener, als die der frühen Castlevania-Teile, auch wenn es kein Metroidvania-Niveau erreicht. Ein tolles Spiel für alle, welche mit den klassischen Castlevanias aufwuschen. Und genauso hart, denn NEKO PROJEKT 2 Kai, über RetroArch oder seperat nutzbar, unterstützt absolut keine Savestates.

FSK-18 für Menschen, die Probleme mit Pixelbrüsten haben 😉

Das hier ist eine Oldschoolerfahrung, aber eine wirklich gute und definitiv das etwas nervigere Setup für den Emulator wert (Tipp: Retroarch nutzen und nach Infos zu Bios-Dateien suchen!)

Akumajou Dracula (Castlevania) – auf dem Sharp X68000
Akumajou Dracula ist nicht gerade unbekannt. Tatsächlich ist es extrem vielen Gamern als „Castlevania“ bekannt und spätestens seit dem PS1-Klassiker SYMPHONY OF THE NIGHT gehört das Spiel definitiv zu den großen Serien der Videospielgeschichte. Dieser hier gezeigte Teil ist dagegen etwas Besonderes. Er erschien, ähnlich, wie RUSTY, auf einem Japan-only-Computer – dem SHARP X68000. Dazu stellt es eine Art Remake des ersten NES-Castlevania dar, dem absoluten Ursprung dieser Serie. Es ist aber kein billiges Grafikupdate sondern wurde zusätzlich ergänzt und verbessert.

Auf dem Weg zum Schloss trifft uns fast der Blitz um netten Rotations-Effekte zu präsentieren.

Grafisch bewegt es sich fast schon auf einem SNES-Niveau, ebenso ist seine Musik durchaus mit einem MegaDrive mithalten kann. Simon Belmont hat man zusätzlich ins Training geschickt und er kann nun in mehr Richtungen seine Peitsche schwingen, als im Original, auch wenn es hinter dem SNES-Teil zurückbleibt. Einige der Levels sind zudem nicht nur grafische Updates, sondern wurden auch stark verändert. Manche von ihnen sind sogar komplett neu, besitzen aber in der Regel Castlevania-typische Thematiken. Spielerisch ist es nicht ganz auf Super Castlevania-Niveau, aber ein interessanter Zwischenschritt zwischen den ersten drei NES und den späteren SNES/MD/PS1-Teilen. Es ist zudem quasi „endlos“ und lässt einen mit jedem Durchspielen das Spiel neu starten, mit einem stets härter werdenden Schwierigkeitsgrad. Wobei auch der erste Durchgang durchaus hart werden kann. Castlevania eben!

Diese Hähle sieht dank vielen Parallax-Ebenen in Bewegung richtig gut aus!

Ein paar unter euch werden nun sagen: „Warte mal, hab ich das Spiel nicht auf der PS1 gespielt?“ und ja… ein paar von euch haben das wirklich… in gewisser Weise. Dieses Remake kam tatsächlich auch später auf der PS1 in sehr geringen Stückzahlen als Castlevania Chronicles heraus und wurde dort… nun, sagen wir einfach… etwas zerstört. Zum einen ist der Schwierigkeitsgrad vereinfacht worden, zum anderen – und das ist der größte Kritikpunkt – wurde das gesamte Sprite-Artwork des Spiel mit einem hässlichen flackernden Dither-Filter überzogen, der vor allem heutzutage auf Flachbildschirmen sehr stört (auf CRTs ist er weniger zu sehen).

Diese Version beinhaltet einige ECHT SCHÖNE Pixelart-Cutscenes!

Etwas, was ebenfalls verändert wurden, waren die Cutscenes. Die Sharp X68000-Versionen nutzte noch klassische Pixelanimationen mit hoch detaillierten Artworks, die einfach WESENTLICH BESSER gealtert sind, als die schrecklich komprimierten Rendervideos der PS1-Version. Aber es mag ja Leute geben, die selbst das schlimmste Rendervideo 2D-Grafiken vorziehen… Etwas, was beide Versionen übrigens gemein haben ist ihr Preispunkt. Wie viele andere Teile der Serie auch kann man hier ein gutes Sümmchen lassen. Spielen lässt es mit dem Emulator Retroarch jedoch recht gut. Man benötigt zwar auch hier einige Bios-Dateien in einem KEROPI-Ordner im Systemordner von Retroarch, aber SHARP hat diese BIOS-Dateien vor einiger Zeit freigegeben, wodurch man sie durchaus per Google schnell finden kann.

Der Sharp X68000 ist im übrigen ein wirklich seltsamer PC, mit vielen Portierungen von Spielen, die für uns stets Nintendo oder Sega-exklusiv bekannt waren sowie einigen Arcade-Portierungen auf einem einzelnen System.

Der PC-98 zeigt gut, wie eine Generation Konsolen hätte aussehen können, wären wir nicht sofort auf Polygone umgestiegen.

So, für heute soll es das auch gewesen sein. Ein Blick auf zwei Spiele für Castlevania-Liebhaber auf zwei hierzulande wirklich unbekannten Systemen, die beide durchaus einen Blick wert sind. Insbesondere der PC-98 ist so vollkommen anders in seinen Stärken, als alles, was die westliche Welt damals gesehen hat und erklärt eigentlich alleine durch seine Stärken schon, wie VISUAL NOVEL in Japan eigentlich so groß werden konnten.